"Verehrte Versammelte. In einer Zeit, da die hohle Deklamation, die innere Unwahrheit bei bestechlicher Form, der erlogene Enthusiasmus selbst in die poetischen Erzeugnisse gedrungen, ist es dem ernsten, guten Leser oft anzuraten, ab und an einmal recht weit zurückzugreifen und längst vergessene Autoren wieder vorzunehmen" (JHF: Vortrag, Itzehoe,1879*) * Sämtliche Werke Bd.4.1,S:107
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Aus der Gilde
Werner Kahns, Lübeck
Leve Maten, anŽn 28. November wären wi bi de "Friedenseiche"
in Wellingsbüttel to uns Johresversammlung biŽnanner. De een oder anner vun
Juch wull nuŽn beten wat över dat Geld vun de Gilde weten. Un wieldess ick de
Reknungen vun 1996 un 1997 nabucht heff, hier nu de Tallen:
Die Tabelle kann von den Mitgliedern bei der Geschäftsstelle der Fehrsgilde
angefordert werden!
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Wie jedesmal, ist die Auswahl der Gildegaben für uns
auch in diesem Jahr eine besondere Aufgabe gewesen. Die Fehrs-Gilde, nunmehr
im 83. Jahr ihres Bestehens, hat wiederum zwei Titel ausgewählt und verteilt:
HK
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Charta der europäischen Regional- und Minderheitensprachen
Der bevorstehende europäische Zusammenschluss schafft
neue Verhältnisse und Realitäten: Es soll auch ein Europa der Regionen werden,
nicht in erster Linie ein Europa der Nationen, der Vaterländer, (wie es noch
vor Jahrzehnten geheißen hatte und vom damaligen französischen Präsidenten de
Gaulle gefordert wurde). Das neue Europa wird auch ein Europa der Muttersprachen.
Das macht die Charta der Europäischen Regional- und Minderheitensprachen deutlich:
Die kulturelle Landkarte Europas ist bunt und ist nicht so groß gegliedert,
wie eine Karte der europäischen Länder! Das heißt auch, dass die Länder alle
nicht so einheitlich sind, wie es seit der Bildung der Nationen den Anschein
hatte. In allen europäischen Ländern gibt es ethnische und sprachliche Minderheiten,
gibt es kulturelle Vielfalt, die es zu erhalten gilt. Zum Schutz und zur Förderung
dieser eigenständigen Kulturen innerhalb der nationalen Grenzen wurde nun die
genannte Charta geschaffen. Der Europa-Rat steht hinter dieser so bedeutenden
Neuerung, die auch unserem Niederdeutsch zugute kommt. Die einzelnen deutschen
Bundesländer mussten bei der Bundesregierung in Bonn die Unterschutz-Stellung
der Minderheiten- oder Regionalsprachen beantragen. So haben die Plattdeutschen
in den norddeutschen Bundesländern zunächst ihre Landesregierungen drängen müssen,
in Bonn die Aufnahme des Plattdeutschen in die Charta zu fordern. (Die Mitglieder
der Fehrs-Gilde erinnern sich noch daran, dass vor ein paar Jahren Unterschriften
gesammelt worden sind, die in Kiel, Hamburg, Hannover, Bremen, den Regierungen
vorgelegt wurden und dadurch erst die Landesregierungen veranlassten, etwas
zum Beitritt zu der Charta zu unternehmen.) Inzwischen hat die Bundesregierung
die Gültigkeit der Charta per Gesetz übernommen: Nach erfolgten Lesungen im
Bundestag, nach Ratifizierung hatte das Innenministerium am 18. August 1998
nach Bonn eingeladen, um mit den in Deutschland lebenden ethnischen Gruppierungen
das Inkrafttreten der Charta zu begehen. Das Gesetz ist inzwischen bekannt gemacht
worden und hat nach notwendig vorgeschriebener Frist am 1. Januar 1999 Gültigkeit
erlangt. Es sind die Dänisch sprechende Minderheit deutscher Staatsbürger im
Landesteil Schleswig, die Friesisch sprechenden Gruppen in Nord- und Ostfriesland,
die Sorbisch sprechenden Menschen vom Spreewald bis in die Lausitz, verstreut
lebende und zum Teil Romanes sprechende Sinti und Roma und - last not least
- die große Gruppe der niederdeutsche Dialekte sprechenden Menschen im nördlichen
Teil Deutschlands, denen die Charta etwas bringt. Für die Plattdeutschen in
acht norddeutschen Bundesländern beginnt damit ein neuer Abschnitt für das Bestehen
und Weiterleben ihrer Muttersprache! Das Niederdeutsche soll geschützt und gefördert
werden durch besondere Maßnahmen in verschiedenen Bereichen:
Über die dazu zu treffenden und getroffenen Maßnahmen
sollen die Regierungen regelmäßig berichten! Zum Schluss noch eine kurze Bemerkung
zum Begriff der Charta:
Wir kennen den Begriff zuerst aus der englischen Geschichte. 1215 erließ der
englische König die Magna Charta, das ist eine Art Grundgesetz, Grundlage der
englischen Verfassung, dem König vom englischen Adel abgenötigt. (Siehe Maßnahmen
zur Motivierung der norddeutschen Landesregierungen für die europäische Sprachen-Charta!)
In unserem Jahrhundert wurde die Charta der Vereinten Nationen (UNO) zum Schutz
der Menschenrechte proklamiert. Und nun die Europäische Charta der Regional-
und Minderheitensprachen. Sie wird uns helfen, unser Plattdeutsch über Wasser
zu halten, wenn wir unsererseits nicht nachlassen, weiterhin für unsere Muttersprache
einzutreten!
HK
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Von Zeit und
Leben des Johann Hinrich Fehrs
(2.Fortsetzung:Die Herkunft, Kindheit, Jugend und Ausbildung)
Die Eltern von Johann Hinrich Fehrs heißen Drews Fehrs
und Anna Schröder. Als sie 1824 einander heiraten, ist sie 16, er 32 Jahre alt.
Über Anna hören wir, dass sie eine Waise aus Neumünster mit schmuckem Gesicht
und zierlicher Gestalt gewesen sei. Man erzählt, dass sie ein bis zweimal jährlich
in Kellinghusen von einer tief verschleierten feinen Dame aufgesucht wurde,
und es wird spekuliert, dass hier uneheliche Verhältnisse eine Rolle spielen
könnten. Die undokumentierte Herkunft der Mutter lässt jedenfalls Raum zur Vermutung,
dass Johann Hinrich nicht allein von bäuerlichen Familien herstamme. Der Vater
wird wegen der Heirat enterbt, denn der Fehrs'sche Bauernhof hatte eine standesgemäßere
Heirat finanziell nötig gehabt; der bankrotte Staat der dänischen Krone verlangt
sehr hohe Abgaben. So erbt der Bruder, und die Eltern des Dichters werden statt
Bauern Kätner. Nur zwei Steinwürfe vom Stammhof entfernt bauen sie mit Drews'
Schwester und ihrem Ehepartner das Haus. Von den ferneren Vorfahren lässt sich
nur die väterliche Linie relativ leicht bis ins 16.Jh. zurückverfolgen Wahrscheinlich
stammen sie aus der Gegend. Was sich jedoch in den Wirren des dreißigjährigen
Krieges, als viel Volk in Aufruhr und Bewegung war, oder gar zuvor ereignete,
wissen wir nicht; wir können darüber nicht einmal spekulieren. Im Grunde ist
Johann Hinrich Fehrs abstammungsmäßig, kulturell und zivilisatorisch ein Holsteiner
des bäuerlichen Standes mit allen alt- und neuzeitlichen Einflüssen, die damit
verbunden sind. Johann Hinrich, zur Welt gekommen 1838, ist das siebente von
zwölf Geschwistern. Nicht alle haben überlebt, aber noch heute gibt es viele
Zweige der Familie. Durch Fleiß und Willenskraft ist es den Eltern gelungen,
für die Kinderschar einen bescheidenen Wohlstand herzustellen. In der ländlichen
Wirtschaft des Elternhauses gibt es fast immer mehr als genug Arbeit. Alle Kinder
helfen, wie sie können. Durch den Sommer ist Johann Hinrich hauptsächlich Kuhhüter;
nur im Winter besucht er die einklassige Dorfschule. Im Oktober 1850 fällt vor
Friedrichstadt der älteste Bruder Drews in den Kämpfen der Schleswig-Holsteinischen
Erhebung gegen den späten dänischen Absolutismus. Die Kunde um das grässliche
Ereignis, den Tod des Bruders, dringt zur Familie zunächst bruchstückhaft. Erst
heißt es, er sei vermisst. Die bange Hoffnung weicht der bitteren Gewissheit
langsam. Dieses Ereignis hat unmittelbare Auswirkungen auf den Werdegang unseres
Dichters. Vorüber ist die unbeschwerte Kindheit von Johann Hinrich, dem Sohn
des Landmannes, Tierheilpraktikers und Gelegenheitsmusikanten. Man vergegenwärtige
sich, dass damals alle Welt viel mehr landwirtschaftlich ausgerichtet war, als
etwa heute! Es war völlig selbstverständlich für jede Familie, entsprechend
ihren Möglichkeiten Tiere zu halten. Kaninchen, Federvieh, Bienen oder auch
zwei Schweine hielt, wer immer es nur vermochte. Die Gärten dienten nicht der
Zierde, sondern der Ernährung. Seit 1844 ist der Vater als Eigenkätner registriert;
die Familie besitzt drei bis vier Kühe und etwas Land. Die Mutter kränkelt leider
oft und bleibt von Feldarbeit weitgehend verschont. Sie ist, wie viele Frauen
und Männer der Zeit, sehr fromm. So ist in der Schulstube, die JHF des Winters
bis zu seinem dreizehnten Jahr besucht, das Hauptfach, ganz gemäß den "Richtlinien
für die Unterrichtung königlicher Unterthanen", die Religionslehre. Nur der
Religionsunterricht erfolgt in hochdeutscher Sprache, während sonst überall
Niederdeutsch gesprochen wird. Der gefallene Drews war für den Lehrerberuf ausersehen
gewesen, die Bücher schon angeschafft. Jehann Hinnerk erbt sie und mit ihnen
die Lehrerlaufbahn. Die Lehrerausbildung war damals aufgebaut wie eine Handwerkslehre;
darum ist uns heute der Ausdruck "Schulmeister" noch geläufig. Im neuen Jahr
nach dem traurigen Ereignis besucht Jan Hinnerk die Ganzjahrschule im Nachbardorf
Lohbarbek, und nach drei Jahren wird er dort Unterrichtsgehilfe für ein halbes
Jahr. Sechzehnjährig, im Herbst 1854, ist er schon Unterlehrer in der Winterschule
Störkaten. Er verdient 36 Mark für den Winter. Darauf folgen vier arbeitsreiche
Jahre in Altona; die Volksschulen sind noch Privatanstalten. Sodann besucht
er ab 1859 für drei Jahre das Lehrerseminar in Eckernförde ("Knapp gings her,
aber ich kam durch und trug hernach die Schulden ab"). Im Seminar von Eckernförde
fühlt Fehrs sich sehr wohl. Der Leiter der Anstalt, Prof. Bahnsen, ist ein selbstbewusster
Mann, der sich jeder Bevormundung durch Kopenhagen mutig widersetzt. Er war
übrigens auch Lehrer von Klaus Groth, und zwar als er noch in Tondern am dortigen
Lehrerseminar wirkte. Die Seminaristen fühlen sich als Studenten und pflegen
dem entsprechende Bräuche. Auf Anregung von Fehrs veranstalten sie Fechtstunden.
Die Natur der Umgebung Eckernfördes bietet ausreichend Raum für leibesertüchtigende
Betätigung, Wandern etc. Neben den Pflichtstoffen Religion, Schulamtverwaltung,
Dänisch, Rechnen und Schönschreiben hat Fehrs ausreichend Gelegenheit sich mit
Geschichte, Literatur und Geografie zu beschäftigen. Eigentlich wird er erst
jetzt, mit Anfang zwanzig, erstmals mit den Gütern der wahren Bildung konfrontiert.
Nach dem Abgangsexamen folgt ein Jahr Arbeit an einer Privatschule in Reinbeck
bei Lübeck, dann zwei Jahre in Itzehoe an einer Waisenschule. Er lernt seine
Frau kennen, die eine kleine Mädchenschule hat, und nachdem er noch ein halbes
Jahr in Altona an der städtischen Schule unterrichtet, übernimmt er 1865 die
Mädchenschule, erweitert sie um ein Pensionat und bleibt in Itzehoe. (Fortsetzung
folgt)
TB
Haiku stammt ut Japan un sünd nu en Stück Welt-Literatur.
- En Naturbild, wat uk de Johrstiet verdüütlicht, ward nu in 17 Silben beschreben.
Gedanken öber dat Bild sall de Autor nich opschrieben. De Haiku-Form geiht üm
de Welt un ward al siet Johren ok vun plattdüütsche Schrieverslüüd bruukt.
HK
"Koolt weiht de Wind..." (Haiku) von Klaus D. Jürgens
Schietig griese Snee. -
Utdeent hett de Dannenboom,
liggt nu an de Straat.
Du steihst op den Diek.
Ies drifft op de Elv un rummst
buten an dat Schipp.
Winter-Avendroot.
Later noch as gistern schient
hüüt de Stratenlamp.
Storm in 'n Januor
drifft mit düüstre Wulken ok
Möven wiet in 't Land.
Hasseln böögt sick dor
vör dat Finster, Storm de bruust
dörch de Winternacht. -
Dröge Twiegen schüert hier
an de regennatte Schiev.
"Fröhjohrsfreid" von Christa Lamaack
Appelboomblöten in hellüchen witt
welk en Freid, kickst du hin.
Na lange, koole Winterdaag
treckt opletzt dat Fröhjohr in.
Karkenslötel een bi een
geellüchen staht se tohoop.
Doran freit sick de kandidelten Görn,
de bi de Grootöllern sind.
Se sitt achtern Knick,
kruupt dörch de Hecken.
Froog: Wann kümmt de Maisebber?
Sammelt wi Snicken?
Find hier een Bloom
un dor een Krut,
klattert in de Bööm,
speelt ruutenuut.
In't sinnige Leven, in't stille Huus
kummt mennigmaal Freid to Besök.
Laat allens liggen, geneet de Tied.
Morgen is noch so wiet.